Hätte jeder Mensch Zugriff auf das gesamte medizinische Potential der Menschheit, könnte jeder einzelne problemlos 1000 Jahre alt werden, ohne sich Sorgen über körperliche oder geistige Degeneration machen zu müssen. Die Medizin hat vor allem auf dem Gebieten der Gentherapie, Nanomedizin und regenerativen Medizintechnik unglaubliche Fortschritte gemacht. So gut wie alles ist irgendwie behandel- oder heilbar. Das Problem liegt darin, das richtige Krankenhaus zu finden und genug Geld dabei zu haben. Medizin ist ein Geschäft. Ein Geschäft, bei dem die Nachfrage wohl nie ganz abreißen wird. Sei es eine Infektion oder ein Unfall, ein guter Arzt mit der richtigen Ausstattung kann beinahe alles richten. Neben der klassischen Medizin spielen seit Jahrhunderten schon die Kybernetik und Nanomedizin eine große Rolle im Alltag der Menschen.
Wurde Artifizierung (das Verbessern des eigenen Körpers durch kybernetische Bauteile) einst als nächstes Daseinszustand gepriesen, ist diese anfängliche Begeisterung nur allzu bald der Realität gewichen: Die hohen Kosten für Herstellung der Prothesen und Implantate, die Kosten für die Operation, der Krankenhausaufentalt, die ebenfalls teuren Wartungsintervalle, das alles hat dem neuen, kybernetisch verbesserten Menschen ein Bein gestellt. Wie aber bei vielen anderen Technologien, wurde die Artifizierung irgendwann auch für den kleinen Mann erschwinglich. Vor allem Implantate zur Steigerung der kognitiven Leistungen, waren im mittleren Management, bei Selbstständigen und in anderen Berufszweigen, bei denen ein scharfer Verstand und ein gutes Gedächtnis wichtig sind, sehr beliebt. Unfallpatienten und Kriegsversehrte konnten, dank günstiger Prothesen, nach einem oder zwei Monaten nach der Einlieferung wieder ihrem ganz normalen Alltag nachgehen. Die stetige Weiterentwicklung und Perfektionierung dieser Technologie verringerte die Produktionskosten und machte sie leichter zu Warten und zu reparieren. Das Nanogen Das Nanogen ist schlicht die wichtigste Erfindung auf dem Gebiet der Medizin. Beim Nanogen handelt es sich um einen spezialisierten Nanomaschinen-Stamm, der für die Beseitigung genetischer Schäden entwickelt wurde. Aus diesem Projekt erwuchs schnell ein praktisches und mächtiges Werkzeug zum Gen-Editing, welches nur darauf wartete, sein volles Potential zu entfalten. Da das Terraforming noch in den Kinderschuhen steckte, war es wichtig sicherzustellen, dass neu gegründete Kolonien nicht wegen eines außerirdischen Bakteriums, zu hoher Strahlenwerte oder anderer Umweltgifte nicht gleich zu Geisterstädten wurden. Kurzum ist das Nanogen ein intelligenter Mechanismus zur genetischen Anpassung von Menschen an ihre Umwelt. Außerdem schafft es eine Brücke zwischen Menschen und Maschine, indem es Hybridgewebe schafft, welches sowohl mit organischem als auch synthetischem Komponenten interagieren kann.
War der erste erst Schritt das Auslöschen von Erbkrankheiten, bestand der nächste Schritt in der Abschaffung der menschlichen Evolution. Der Mensch hatte nun die Gelegenheit sein eigener Gott zu sein. Es entstand eine neue soziale Schicht, die der genetisch verbesserten Menschen: Intelligenter, stärker, schneller, einfach besser als alle anderen. Der Begriff „Adeliger“ wurde in dieser Zeit umgeprägt und wurde für genetisch verbesserte Menschen mit multiplen Spendern benutzt. Diese genetisch verbesserten Menschen arbeiteten sich weiter und weiter in die Reihen der alten Eliten, die nach und nach verdrängt wurden. Die neuen CEOs und Staatsoberhäupter waren hochintelligente, gutaussehende und vor Gesundheit strotzenden Übermenschen, denen ein normaler Mensch kaum das Wasser reichen konnte. Eine neue Welle der Segregation schwemmte durch die Gesellschaft. Nicht nur war die Ehe zwischen einem normalen und einem genetisch verbesserten Menschen verboten, auch das Zeugen von Kindern, später sogar der bloße Kontakt zwischen den beiden Menschengruppen wurde unter Strafe gestellt. Lange ließen sich das die “Normalen” nicht bieten. Eine neue Form von genetischem Rassismus machte sich breit und die Fronten verhärteten sich. Der Versöhnungsprozess dauert bis heute an. In den hohen Ämtern der Regierungen und an den Spitzen von Konzernen finden sich nach wie vor ausschließlich Mitglieder des Adels. Viele der Segregationsgesetze wurden zwar formal abgeschafft, in der Realität jedoch herrscht immer noch eine strikte Trennung zwischen normalen Menschen und Adligen.